-Siegmar Syffus-OTTMARSBOCHOLT. Für die 18 Schüler des Joseph-Haydn-Gymnasiums und ihren Geschichtslehrer Achim Lüken war es ein schwieriges Unterfangen, die Ereignisse des Karfreitag 1945 zu rekonstruieren. „Wir konnten mit keinem Direktbeteiligten mehr sprechen“, räumt Lüken ein. Felsenfest steht aber eines: „Es gab einige mutige Personen, die an diesem Tag ein Blutvergießen in Ottmarsbocholt verhindert haben. In anderen Orten hat es beim Einmarsch der Alliierten Tote gegeben. Auch in Senden sind in den letzten Kriegstagen Menschen völlig sinnlos gestorben“, hob Bürgermeister Sebastian Täger am Dienstag am Spieker hervor. Dort übergab er offiziell einen Gedenkstein, der an die friedliche Übergabe Ottmarsbocholts an die Amerikaner am 30. März 1945 erinnert.
Die Gymnasiasten hatten einige alte Ottmarsbocholter nach den damaligen Ereignissen befragt: Klemens Lindfeld, Martin Kasberg, Reinhold Lindfeld, Ewald Unewisse, Norbert Rengshausen, Maria Aurich, Anna Heitkötter und Maria Soddemann. „Eindeutig belegt ist, dass Wilhelm Kasberg zusammen mit dem Kölner Lehrer Erich Hammer an den Geschehnissen am Karfreitag direkt und aktiv beteiligt waren“, berichtete Lüken im WN-Gespräch. Sie seien mit einer weißen Fahne den amerikanischen Soldaten entgegengegangen. Bezüglich der anderen Beteiligten seien die Erinnerungen der Zeitzeugen abweichend gewesen. „Deshalb hat man sich entschieden, auf der Tafel keine Namen zu nennen. Es sollte niemand, der dabei war, vergessen werden“, erklärte Stefan Frie, Vorsitzender des Heimatvereins Ottmarsbocholt.
Die Initiative für den Gedenkstein ging von Dr. Konrad Theiler aus, der mit seiner Frau Margot Kasberg, Tochter des 1974 verstorbenen Wilhelm Kasberg, in Ascheberg lebt. „In Ascheberg hat man im Baugebiet Straßen nach Josef Wintrup, Hugo Merten und Dr. Edmund Pistorius benannt. Es waren drei mutige Männern, die 1945 verhindert haben, dass Ascheberg beschossen wird. Solche Leute hat es auch in Ottmarsbocholt gegeben“, erzählte Theiler. „Die Gefahr bestand nicht allein darin, vom Feind, sondern auch von eifrigen Nazis von hinten erschossen zu werden.“ Mit ihrem Projekt hätten die Gymnasiasten praktische Geschichtslehre betrieben. „Wenn wir solche Jugendlichen haben, dann ist es um Deutschland nicht schlecht bestellt“, lobte Theiler.
Ursprünglich sollte eine Straße im neuen Baugebiet nach Wilhelm Kasberg benannt werden. Nach „politischer Diskussion“ sei man von dieser Idee abgerückt und habe sich für einen Gedenkstein entschieden, berichtete der Bürgermeister. Zunächst sollte dieser an der Lüdinghauser Straße aufgestellt werden, da die couragierten Ottmarsbocholter dort den vorrückenden amerikanischen Truppen begegnet seien. In Absprache mit dem Heimatverein habe sich die Gemeinde zur Aufstellung am Spieker entschieden. Dort, an zentraler Stelle, ist der Gedenkstein nicht nur der einheimischen Bevölkerung im Blick, sondern auch den vielen Radtouristen, die in Ottmarsbocholt Station machen.